Bonn/Worms – Irgendwann passiert es nahezu jedem: Die ersten grauen Haare sprießen. Damit enden allerdings oft schon die Gemeinsamkeiten.

Denn was den einen sofort zum Färbemittel greifen lässt, trägt der andere gerne in Natur. Zum Glück lässt sich heutzutage beides mit ein paar Kniffen schön hinbekommen.

Aber wieso werden Haare überhaupt grau? «Graue Haare sind ein Degenerationsprozess, so wie insgesamt das Haar degeneriert», so die medizinische Erklärung des Haar- und Nagelspezialisten Prof. Anton Lutz aus Bonn. Es handelt sich also um einen Abbauprozess der Haarzellen, der zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr beginnt.

Schrumpfen die Farbanteile in der Haarzelle, bis gar keins mehr darin vorhanden ist, dann erscheinen die Zellen farblos. Weil sich im Haar dunkle Pigmente noch mit den farblosen mischen, wird das Haar bei diesem Prozess immer heller oder grauer. Mit zunehmendem Alter schrumpft nicht nur die Haut, sondern auch die Haarzwiebel, die das Haar mit Nährstoffen versorgt. «Gegen den Alterungsprozess kann man nichts tun», sagt Lutz.

Doch auch genetische Faktoren spielen beim Ergrauen eine Rolle.

Hier nennt Lutz das Beispiel einer 17-jährigen Patientin mit ersten grauen Haaren. Deren Mutter und Großmutter waren ebenfalls bereits mit 30 Jahren ergraut. Umgekehrt kann auch ein 80-Jähriger noch einen dichten und dunklen Haarwuchs haben. «Das sind dann allerdings genetische Ausnahmefälle», so Lutz.

Entzündungen, bestimmte Medikamente oder seltene Krankheiten können ebenfalls zu Silbersträhnen führen. Vieles sei aber noch unbekannt in der Haarforschung, sagt Lutz.

Nach Einschätzung des Mediziners ergrauen Frauen genauso häufig wie Männer. Beim Mann wird es unterschiedlich aufgefasst, nicht jeder findet graue Schläfen smart. Frauen greifen bei ersten grauen Haaren viel schneller zum Färbemittel – entweder selbst oder beim Profi. Friseur Jens Dagné aus Worms weiß, welche Tricks und Techniken für eine leuchtende Haarfarbe sorgen – vom Überdecken der ersten naturblonden grauen Haare bis zum stark ergrauten Haarschopf.

Je nach Zustand der Haare empfiehlt Dagné drei Behandlungsstufen.

– Veredelung: Ein pflegender Farbconditioner gibt dem von Natur aus stumpfen grauen Haar einen edlen Grauschimmer und neutralisiert mögliche Gelbstiche.

– Kaschieren: Eine Intensivtönung kann erste graue Haare kaschieren. Ohne Ammoniak und Wasserstoffperoxid ist diese Methode besonders pflegend, hält allerdings nur bis zu 15 Haarwäschen.

– Permanente Coloration: Eine Intensivtönung oder permanente Farbe kann alle grauen Haare vollständig abdecken.

Wichtig ist, dass jede gewählte Tönung oder Coloration optimal zum Typ passt. «Unter uns Coloristen gilt: Je älter der Kunde, desto heller sollte der Farbton der Haare sein. Weichere Farbtöne wirken so wie ein Weichzeichner für die Haut», so der Haarexperte von der Friseurvereinigung Intercoiffure Mondial.

Auch die Pflege grauer Haare wirkt verschönernd. Birgit Huber vom Industrieverband Körperpflege und Waschmittel (IKW) erklärt, dass graues oder weißes Haar oft andere Ansprüche hat. Es ist häufig gelbstichig und weist eine glanzlose, spröde Struktur auf. Moderne Anti-Gelb-Shampoos pflegen das Haar mit reichhaltigen Rezepturen, sorgen für Glanz und neutralisieren den Gelbreflex, so Huber.

Volle Haare in leuchtenden Farben stehen für Attraktivität – umso interessanter ist der Trend bei jungen Frauen, die Haare in Grautönen zu färben. Jens Dagné sieht diesen Trend auch international und glaubt, dass die silberne Haarpracht eine Antwort auf den Haar-Farbrausch zuvor war.

Huber sieht diese Entwicklung ebenfalls positiv: «Die neuen Alten lassen sich nicht mehr gerne vorschreiben, was gerade „in“ ist und wie sie sich zu optimieren haben. Graue Haare sind für viele ganz selbstverständlich und Grau ist längst das neue Blond.»

Fotocredits: Christin Klose,Frank Scheurer,Bauerundguse.de,Dennis Möbus
(dpa/tmn)

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