New York (dpa) – Ein Spaziergang im herbstlich gefärbten New Yorker Central Park in Lederjacke, Sightseeing in Lissabon in zerrissenen Jeans oder ein Tag am Meer in Miami im Anzug: Im Fotonetzwerk Instagram wirkt das Leben von Marcel Floruss beneidenswert glamourös und locker.
Aber das sei die Fassade, dahinter sei der Job als Modeblogger harte Arbeit, sagt der 26-Jährige Stuttgarter. «Ich stehe auf und arbeite und ich gehe ins Bett und arbeite. Seitdem ich vor mehr als vier Jahren angefangen habe, habe ich fast jeden Tag gepostet, selbst wenn ich im Urlaub war und vor allem an den Feiertagen, wenn alle zu Hause rumhängen und auf ihre Handys schauen – was muss ich machen? Ein Bild hochladen, damit es alle sehen und liken.»
Die Jagd nach dem perfekten Instagram-Bild bestimme seinen Tag, sagt
Floruss. «Ich habe schon viele schöne Momente versaut, weil ich so gestresst war, dass wir das gute Bild bekommen. Ich stehe in der Öffentlichkeit und muss kreativ bleiben und mich jeden Tag neu erfinden.» Aber der Stress zahlt sich aus: Floruss hat mittlerweile mehr als 390 000 Fans auf
Instagram, dazu einen erfolgreichen Blog, und er kann von seinen Modefotos «sehr gut leben», wie er sagt. Der in New York wohnende Stuttgarter sei «einer der am besten angezogenen Männer auf Instagram» mit «einem der einflussreichsten männlichen Profile», lobte vor einiger Zeit die «Huffington Post».
Als Außenseiter hat es der 26-Jährige ganz nach vorne gebracht, als Deutscher in New York und als Mann in der von Frauen dominierten Welt des Instagram-Styles. «Im Vergleich zu manchen Frauen ist die Zahl meiner Fans gar nichts, aber für Männer in der Mode habe ich eine relativ gute Position. In Amerika bin ich Zweiter oder Dritter, mit dem was ich mache, was die Zahl der Fans angeht.» Sowohl in den USA als auch in Deutschland gibt es immer noch weit mehr weibliche Style-Bloggerinnen, aber die Zahl männlicher Mitstreiter steigt.
Für Mode interessierte sich Floruss, dem inzwischen mehr Englisch als Schwäbisch in seine Sätze platzt, schon als kleiner Junge. Ein «komischer Kauz» sei er gewesen. «Ganz normal war ich nicht, ich habe mich nie so richtig angefühlt, als ob ich komplett reinpasse in die deutsche Mentalität.» Zur Schule zieht Floruss silberne Baggie-Jeans oder ähnlich ausgefallene Teile an. «Meine Mutter hat mich Gott sei Dank machen lassen, es war Teil meiner Selbstfindung.» Heute ist seine Mutter sein größter Fan. «Sie freut sich immer, wenn sie die Updates von mir auf dem Blog sieht.»
Floruss begann neben der Schule zu arbeiten und investierte das Geld in Mode, bis die Farbkombinationen irgendwann stimmten und die Uhr zu den Schuhen passte. «Ich habe viel experimentiert, meinen Pfad gefunden und die Leute haben angefangen, mich anders zu behandeln.» Mode sei für ihn «wie eine Rüstung», eine Art, sich auszudrücken.
Nach dem Abitur wurde Floruss professioneller Tänzer und kam für drei Wochen zum Unterricht nach New York. «Ich habe eine Stunde Unterricht genommen und den Rest der Zeit damit verbracht, mich in New York zu verlieben und shoppen zu gehen.» Kurz darauf kam er zurück in die Millionenmetropole, studierte Modemarketing am Fashion Institute of Technology und startete 2013 mit Hilfe seiner damaligen Freundin den Blog «One Dapper Street» – weil ihm immer wieder gesagt worden sei, wie «dapper», also adrett, er angezogen sei.
Die Zahl der Fans stieg nach einigen Monaten rasant an, bald arbeitete er mit verschiedenen Modefirmen zusammen, verdiente Geld und bekam die meisten Klamotten geschenkt. Ein zweites Schlafzimmer in seiner Wohnung in New York («auch für Männer die beste Shopping-Stadt der Welt») hat Floruss zum Kleiderschrank umgebaut.
Sein Stil sei «nicht langweilig, aber auch nicht ganz vorne dabei», sagt Floruss, dessen Freundin ebenfalls Modebloggerin ist und in Los Angeles wohnt. Dabei mischt er teure Designer-Sachen mit günstigen Teilen und lässt sich vom New Yorker Street-Style inspirieren. «New York gibt dir die Möglichkeit zu experimentieren, ohne schief angeschaut zu werden, weil du weißt, es läuft immer einer rum, der verrückter aussieht als du. Die Leute hier trauen sich hier mehr als in Deutschland.» Trends setze er keine, sagt Floruss. «Ich bin nicht der, der neues Zeug ausprobiert, ich bin der, der neues Zeug sieht und sagt, das hat Potenzial.» Das laufe auf Instagram auch besser.
Allgemeine Regeln gebe es in der Mode nicht, sagt Floruss. «Es geht darum, sich auszudrücken. Solange du dich wohlfühlst, ist es das richtige Outfit für dich.» Einen Tipp für die modisch interessierte Männerwelt hat der Blogger dann aber doch: «Auf den Sitz achten, nicht nur darauf, dass alles farblich zusammenpasst. Wenn es richtig passt, sieht alles viel besser aus, lieber nochmal drei verschiedene Größen anprobieren und schauen, ob nicht eine andere besser passt.»
Fotocredits: James Creel
(dpa)