Berlin – Trends der vergangenen Jahre waren Tinder, Thermomix, Fitnessarmbänder oder Cold-Brew-Kaffee. Und 2016? Eine Auswahl, was in diesem Jahr Szene-Hit zu sein schien. Leute, Phänomene, Begriffe, Trends 2016 – alphabetisch geordnet:

Achtziger: Bereits Ende 2015 und dann auch nochmal im Sommer 2016 zeigten Umfragen, dass die 80er Jahre in Deutschland beliebter als die 50er, 60er, 70er oder 90er Jahre sind. Das Lieblingsjahrzehnt dient den Deutschen wohl als Sehnsuchtszeit.

Amazon Dash: Der Online-Händler
Amazon bietet nun auch in Deutschland per WLAN verbundene Bestellknöpfe für ausgewählte Markenprodukte an. Auch der Lautsprecher «Amazon Echo» ist neu: Eine Spracherkennungstechnologie (ähnlich wie Google Now, Siri von Apple oder Cortana von Microsoft) hilft etwa beim Musikhören oder Taxiruf.

Ade, Maren: «Toni Erdmann» von
Maren Ade war wohl die intellektuelle Filmüberraschung des Jahres. Der deutsche Film begeisterte im Mai in Cannes und berührte später Hunderttausende Kinogänger. Peter Simonischek und Sandra Hüller bezaubern als Vater und Tochter, die mit der Sprachlosigkeit der Generationen kämpfen. Oscar 2017?

Barbara: Mit Plakaten und Schildern ist
«Barbara» (eine Frau? Ein Mann? Ein Kollektiv?) zur Internet-Größe geworden. Ihre Identität hält die linksalternative Streetart-Künstlerin, die 2016 einen Grimme-Online-Award gewann und wohl in Heidelberg lebt, aber auch viel in Berlin ist, geheim. Beliebt ist ihre Bearbeitung von Schildern. Ein Buch heißt «Hass ist krass. Liebe ist krasser».

Birkenwasser: Nach dem Kokoswasser landete nun auch das leicht süßliche Birkenwasser zunehmend als «Aktiv-Drink» in den Regalen der Biomärkte – und nicht mehr nur in Kosmetikprodukten.

Corden
, James: Der aus Großbritannien stammende US-Late-Night-Talker war 2016 ein Riesen-Internethit mit seiner unterhaltsamen TV-Idee, mit Stars im Auto zu singen (
Carpool-Karaoke). So sang und quatschte er etwa mit Madonna, Lady Gaga, Sia, Selena Gomez oder Michelle Obama. Am meisten geklickt wurde der Clip mit
Adele

Craft
Beer
: Craft Beer aus kleinen Brauereien, ein Trend aus den USA, gibt es inzwischen fast überall – ein Megatrend. In diesem Jahr schien nun fast jeder mitbekommen zu haben, dass man auch mal ein fruchtig schmeckendes, hopfenreiches Pale Ale oder Indian Pale Ale (IPA) probieren kann statt nur klassisches Pils oder Helles.

Die immer lacht: Dieser Ohrwurm von Stereoact feat. Kerstin Ott scheint von 2016 zu bleiben. Die Liedermacherin Ott schrieb das Werk einst für eine kranke Freundin, berühmt wurde nun aber eine Art Tanzversion des Songs. Die Sängerin ermutigt die Frau, die ihre Traurigkeit mit Lachen kaschiert, ihre wahren Gefühle zu zeigen.

Domian
: Nach 21 Jahren als «Kummerkasten der Nation» hörte im Dezember der legendäre WDR-Nachttalker
Jürgen Domian auf. Ende einer Ära. Auch die WG-Spaßshow «Zimmer frei!» vom WDR mit Götz Alsmann und Christine Westermann nahm nach 20 Jahren im September Abschied.

Einhorn: Das trendige Fabelwesen war fast überall zu sehen – auf Kindergeburtstagen, Popfestivals, Anti-Nazi-Demos, Pullis, Jutebeuteln, Tassen, Kissen, Torten und schließlich auch auf Schokolade. Der kindische Modetrend hat etwas mit Ironie und Realitätsflucht zu tun: Einhörner stehen für Friede und Freude.

Enge Freundschaft: «Bromance» (aus brother und romance) und «Bromosexual» (aus brother und homosexual) lauten neue Begriffe für Männerfreundschaften, wobei «bromosexual» die unverkrampfte Freundschaft zwischen einem Hetero und einem Schwulen meint.

Flamingos und Faultiere: Sie sind die neuen Eulen: Das Trendtier süße Eule mit riesengroßen Augen scheint abgelöst worden zu sein – nun sind andere der Renner auf Pullis, Kissen oder als Stofftier.

Fly sein: Zum «Jugendwort des Jahres» kürte eine Jury nach «Läuft bei dir» (2014) und «Smombie» (Smartphone-Zombie; 2015) das eher künstliche «Fly sein» (besonders abgehen). Bei einer Online-Wahl des Langenscheidt-Verlags hatte das zustimmende «Isso» gewonnen.

Gesichtertausch
: Face-Swap-Apps waren 2016 angesagt. Man kann in Echtzeit mit Freunden das Gesicht tauschen, sein Gesicht in Gemälde hineinmontieren oder Gesichtszüge von Promis oder Kunstfiguren annehmen. Handy-Spaß in einem ansonsten schrecklich ernsten Jahr.

Hochkantvideos: Videos im Hochformat galten lange als eine Art Netzkrankheit (VVS – Vertical Video Syndrom). Als wahres Format galt die 16:9-Ausspielung. Doch im Smartphone-Zeitalter und spätestens seit dem Hype um Snapchat, Facebook Live oder Instagram Story scheinen Hochkant-Videos nun nicht mehr schlimm zu sein.

Holland und Holz: zwei eingängige Hits 2016 des Essener Hip-Hop-Duos
257ers. Die beiden Quatsch-Rapper Shneezin und Mike machen sich seit Jahren immer wieder zum Horst und sind für viele Kult.

Island: Die isländische Mannschaft war der Fußballeuropameister der Herzen, schaffte es sogar, England im Achtelfinale aus dem Turnier zu werfen. Island begeisterte mit einprägsamer «Huh»-Ruf-Klatschchoreo und tollen Spieler-Namen wie Sigthorsson.

Jugendangebot von ARD und ZDF: «Das Internet ist vorbei – jetzt kommt «funk»», bewarben die Öffentlich-Rechtlichen ihr neues multimediales Angebot für Jugendliche, das im Oktober (
«funk.net» oder bei YouTube und Facebook) startete. Die Online-Formate für 14- bis 29-Jährige haben mit klassischem linearen Fernsehen wenig zu tun. Die Durchschlagskraft eines Jan Böhmermann fehlt ihnen aber.

Knöchel: Entblößte Knöchel waren das neue Dekolleté. Flanking, ein Mixwort aus flashing (aufblitzen) und ankle (Fußfessel), war 2016 ein Massenphänomen. Auch junge Männer zeigten oft Fessel (mankles, aus man und ankle), um besser teure Sneaker zu präsentieren.

Lieferdienst: Pizzataxi war gestern – App-gesteuerte Lieferdienste mit Fahrradkurieren, wie
Foodora oder Deliveroo, schienen 2016 den Durchbruch zu erleben. Sie bringen auch Essen aus dem nahen (Lieblings-)Restaurant, das keinen eigenen Bringdienst hat.

Mannequin
Challenge
: Bei diesem 2016 populären Internet-Trend veröffentlichten die Teilnehmer Videos, auf denen sie wie in einem Standbild posierten. Wer niesen muss, hat ein Problem.

Milchgetränk: Nach dem hippen Matcha-Latte mit Grüntee kam jetzt angeblich die blaue Schlumpf-Latte – oder Smurf Latte auf Englisch. Die knallige Farbe kommt von Blaualgen namens Spirulina und soll besonders gesund sein. Weitere Zutaten der Kreation aus Melbourne: Ingwer, Zitronensaft, Agavendicksaft und Kokosmilch.

Nast
, Michael: Generationenbücher scheinen in Deutschland unausrottbar. In diesem Jahr landete der Autor
Michael Nast mit seiner Analyse des – nun ja – unbeständigen Liebeslebens moderner Großstädter einen Bestseller: «Generation Beziehungsunfähig».

Obsoloszenz
, Geplante: Die angebliche Kurzlebigkeit der Elektrogeräte, mit denen wir uns umgeben, war beliebtes Smalltalkthema. Auch wenn eine Studie vom Umweltbundesamt zu dem Ergebnis kam, dass eine sogenannte geplante Obsoleszenz – also die gezielte Begrenzung der Lebenserwartung – nicht nachweisbar sei, bleibt bei vielen der Verdacht gegen die Industrie.

Pokemon
 
go
: Das Smartphone-Spiel von Nintendo war im Sommer der Mega-Hype und wurde Hunderte Millionen Mal heruntergeladen. Die
Spiele-App, mit der man virtuelle Monster in realer Umgebung fangen kann, löste Begeisterung aus – bei anderen nur Kopfschütteln.

Postfaktisch: Die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) kürte diesen Begriff zum Wort des Jahres. Auch international taten dies die Oxford Dictionaries («post-truth»). Es beschreibt das Phänomen, wenn die öffentliche Meinung weniger von Tatsachen als von Gefühlen und Ressentiments beeinflusst werde. In der Schweiz wurde «Filterblase» zum Wort des Jahres gekürt, in Österreich das lange «Bundespräsidentenstichwahlwiederholungsverschiebung».

Quarz, Rosenquarz: Der Roséton war neben Serenity (einem hellen Blau) die Trendfarbe des Jahres. Ein Mix beider Töne soll Männern und Frauen stehen und modische Geschlechtsunterschiede aufheben.

Quidditch
: Der ganz große Harry-Potter-Boom ist zwar lange vorbei, aber die Sportart Quidditch soll erst noch im Kommen sein. Zumindest las man öfter von jungen Leuten, die das Spiel mit Bällen und Besen (die aber leider nicht fliegen) ernsthaft betreiben.

Resting
 
Bitch
 Face: Der Begriff machte dieses Jahr Karriere und beschreibt das Phänomen, dass Leute so aussehen, als seien sie genervt oder verachteten ihre Mitmenschen, obwohl sie selber eigentlich von einem neutralen Gesichtsausdruck bei sich ausgehen.

Rückkehr nach Reims: Mit dem autobiografisch gefärbten Buch – das sieben Jahre nach dem Original («Retour à Reims») auf Deutsch erschien – schrieb der französische Soziologe
Didier Eribon eine vieldiskutierte Gesellschaftsanalyse: Es geht um die Ratlosigkeit linker Großstadtmenschen im Umgang mit rechts wählenden Provinzlern. Um die polarisierte Öffentlichkeit ging es auch im Essay «Gegen den Hass» der Friedenspreisträgerin Carolin Emcke.

Shapira
,
Shahak
: neue Stimme in der Öffentlichkeit, die sich gegen Vorurteile jeglicher Art erhebt. Der in Berlin lebende Israeli wurde Anfang 2015 Opfer einer antisemitischen Attacke in der U-Bahn und schrieb 2016 ein Buch («Das wird man ja wohl noch schreiben dürfen! Wie ich der deutscheste Jude der Welt wurde»). Die Botschaft: Rassismus sei immer dumm, egal gegen wen. Er wolle seine Opferrolle nicht für Hetze gegen Muslime benutzt sehen. Viel geklickt wurde seine Aktion «Der (ehrliche) AfD-Adventskalender».

Stars: Früher lösten Auftritte von Boybands, die die Plattenfirmen zu planen schienen, Ohnmachtsattacken und Kreisch-Alarm aus. In diesem Jahr schien sich der Trend zu verstärken, dass die Idole der Heranwachsenden aus dem Internet kommen. Für Aufsehen sorgten etwa abgebrochene Autogrammstunden von YouTube-Stars wie Bibi (Bianca Heinicke/«BibisBeautyPalace») oder Teenieschwarm
Lukas Rieger. Apropos YouTube-Stars: der meistgeklickte war Julien Bam mit seiner Parodie des Songs «Everyday Saturday» von ApoRed.

Stranger Things: Selten bislang bediente ein Streamingdienst so zielgenau die Sehbedürfnisse einer nostalgischen Zielgruppe wie Netflix im Sommer mit
dieser Serie, die eine Hommage ans große Mystery-Zeitalter mit Filmen wie «E.T.» oder «Stand by me» ist. Nostalgisch war auch die Serie «The Crown» über die junge Queen, gewagt die Sky-Serie «The Young Pope» mit Jude Law als Papst.

Trampolinhallen: Hüpfen ist angesagt. In Deutschland öffneten auffällig viele Sprunghallen – auch für Erwachsene. Darin hüpfen Besucher nicht nur auf übergroßen Trampolinen, sondern spielen etwa auch Basketball oder Volleyball auf schwingendem Boden.

Ugly

Christmas
Sweater: Elegant und festlich sind sie nicht, trotzdem trugen spätestens auch in diesem Jahr in Deutschland immer mehr Menschen extra hässliche Weihnachtspullover.

Unterhose: Lange schien es unmöglich, dass die als Liebestöter verschriene warme lange Unterhose cool sein könnte und kein Produkt mehr zum Schämen – doch 2016 schien es so weit zu sein. Allerdings muss sie eng anliegen und jetzt lieber «Long John» genannt werden.

Veggan
: Tierische Produkte sind für Veganer tabu. Wer es jedoch nicht schafft, auf Eier zu verzichten, nennt sich dann halt «veggan» (aus vegan und dem englischen «egg» (Ei)). Das Ergebnis sind zum Beispiel Avocado-Brote mit pochiertem Ei.

White 
Ink
 Tattoos: Es gibt sie schon länger, aber dieses Jahr sah man sie noch öfter – und auch bei einigen Promis: White-Ink-Tattoos, sprich fast unsichtbare Tätowierungen mit weißer Tinte.

X für ein U vormachen: So tun als ob man Date-Interesse hat und hemmungslos im Netz weiterflirten: Beim Benching (engl. «bench» = Bank) wird der Chat-Partner auf die Reservebank geschoben und warmgehalten. Nicht zu verwechseln mit dem fiesen Dating-Trend Ghosting (plötzlich verschwinden, nachdem man fast ein Paar war).

Yoga – und zwar Bieryoga: Nach Hot Yoga bei bis zu 40 Grad oder Fahrradyoga ist das die jüngste Blüte der ursprünglich indischen Philosophie, die man eher mit Yogi-Tee verbindet. Statt «Ooom» heißt es «Prooost». Teilnehmer halten eine Bierflasche in der Hand oder balancieren sie auf Kopf oder Knie. Kater in Muskeln und Kopf.

Youtube und GEMA: Zehntausende Musikvideos, die bei YouTube in Deutschland wegen des Streits zwischen der Videoplattform und der Rechte-Verwertungsgesellschaft gesperrt waren, wurden nach einem sieben Jahre langen Konflikt wieder frei zugänglich.

Zoomania
:
Animations-Kinoerfolg (Originaltitel «Zootopia») über eine Häsin, die ihren Dienst als Polizistin antritt und das Verschwinden eines Otters aufklären soll. Es geht geradezu spielerisch, aber klug um Sexismus und Rassismus. Größter Lacher im Film sind – Achtung, In-Tier – die Faultiere. Auch sehenswert in diesem Jahr der Animationsfilme waren etwa «Findet Dorie», «Pets» oder «Sing».

Zweitausendsechzehn-Bashing: In erster Linie wegen der vielen Todesfälle von Prominenten (zum Beispiel David Bowie, Prince, George Michael, Bud Spencer) setzte sich die Ansicht durch, es handle sich um ein «Promi-Sterbejahr». Mit «Fuckoff2016» beschworen viele ein böses Jahr. Alles Aberglaube. Jahres-Bashing ist sooo 2016. Was kommt 2017?

Fotocredits: Maurizio Gambarini
(dpa)

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